Das 1801 im Palais Schwarzenberg uraufgeführte weltliche Oratorium war Haydns letztes großes Werk. Er selbst sagte beim Vergleich seiner beider großen Oratorien: „ ‚Die Jahreszeiten‘ sind keine ‚Schöpfung‘, denn im einen singen die Engel, im anderen nur die Bauern“, aber Andrang und Erfolg waren derart groß, dass sogleich weitere Aufführungen folgten, unter anderem eine private im kaiserlichen Schloss, bei der die Gemahlin Franz des II./I. den Solosopran übernahm.
Dem von Baron Gottfried van Swieten – Sohn von Maria Theresias Leibarzt Gerhard van Swieten – verfassten deutschen Libretto liegt ein englisches Versepos von James Thomson zugrunde. Der Österreicher Haydn ließ sich bei seiner einzigartigen Vertonung desselben vom Gedankengut des französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau („Zurück zur Natur“) beeinflussen.
Wenn Haydn sich auch nachweislich schwer tat mit den Texten, die er einmal gar als „französischen Abfall“ bezeichnete, so ist es gewiss neben seinem kompositorischen Genie auch seiner Jugend in ländlicher Umgebung zu verdanken, dass ihm unvergleichliche Darstellungen des Landlebens und lautmalerische Beschreibungen sowohl der Elemente als auch der Tages- und Jahreszeiten gelungen sind. Waldhornklang, betrunken tanzende Bauern, schnurrende Spinnräder und ein furchterregendes Gewitter – Haydn skizziert dies alles meisterhaft. Über das Weinfest sagt er: „Einen so komischen Kontrapunkt, eine so besoffene Fuge habe ich noch nie geschrieben!“ und führt uns weiter eine Jagdszene mit vom Himmel herabstürzendem Vogel vor Augen oder den Ackersmann auf dem Feld, der bei der Arbeit fröhlich das bekannte Thema aus der Sinfonie mit dem Paukenschlag singt.
Haydn besetzt ein großes Orchester: Je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte, die Trompeten und Posaune dreifach, die Hörner sogar vierfach. Weiters wirken ein Kontrafagott, Pauken, Triangel, Tamburin, natürlich Streicher und Basso continuo mit. Haydn nutzt die klangliche Vielfalt dieses reichen Instrumentariums für tonmalerische Darstellungen, hochvirtuose und dann wieder lyrische Passagen. Er schafft so einen fast plakativen musikalischen Jahreslauf, der in seiner Vielfalt an die bunten Farben eines Malers erinnert.
Drei Solisten fungieren als Erzähler und Betrachter der Szenen, welche sie kommentieren und vertiefen, beinahe wie Figuren auf einer Theaterbühne. Der Chor seinerseits bewegt sich zwischen fröhlicher Ausgelassenheit, Furcht vor den Naturgewalten und dankbarer Andacht.